Europäische Kommission leitet Kartelluntersuchung zu SAPs ERP-Supportpraktiken ein

Commission opens investigation into possible anticompetitive practices by SAP

SAP, ein deutsches Softwareunternehmen, ist ein weltweit führender Anbieter von Enterprise-Resource-Planning-(ERP)-Systemen. Am 25. September 2025 gab die Europäische Kommission bekannt, dass sie eine formelle Kartelluntersuchung zu den Wartungs- und Supportdiensten von SAP für seine lokal installierte ERP-Software eingeleitet hat.

Der Fall konzentriert sich auf den Aftermarket für Wartungs- und Supportleistungen im Zusammenhang mit der lokal installierten ERP-Software von SAP. Die Kommission befürchtet, dass SAP den Wettbewerb eingeschränkt haben könnte, indem es Kunden den Zugang zu unabhängigen Anbietern von Wartung und Support erschwert. Nach der vorläufigen Einschätzung der Kommission könnten bestimmte vertragliche Praktiken dazu führen, dass Kunden faktisch an die Dienste von SAP gebunden werden, ihre Möglichkeiten zur Kostensenkung eingeschränkt werden oder Markteintrittsbarrieren für Wettbewerber im Aftermarket entstehen.

Konkret verweist die Kommission auf Praktiken wie:

  • die Verpflichtung, für alle ERP-Installationen denselben Wartungsumfang zu wählen,

  • Beschränkungen bei der Kündigung von Wartungsverträgen für ungenutzte Lizenzen,

  • automatische Vertragsverlängerungen,

  • sowie hohe Wiedereintrittsgebühren, wenn Kunden nach einer Unterbrechung wieder in den SAP-Wartungsdienst zurückkehren.

Diese Bedingungen könnten nach Ansicht der Kommission wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen darstellen, die die Auswahlmöglichkeiten verringern und die Kosten für europäische Unternehmen erhöhen.

Rechtlicher Rahmen

Der Fall wird nach Artikel 102 AEUV geprüft, der den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbietet. Einem Unternehmen ist es nicht untersagt, marktbeherrschend zu sein, wohl aber, diese Stellung in einer Weise auszunutzen, die den Wettbewerb verzerrt. Praktiken wie Kopplungsgeschäfte, überhöhte Preise oder unfaire Vertragsbedingungen können unter Artikel 102 fallen, wenn sie Wettbewerber ausschließen oder Kunden ausbeuten.

Das Verfahren läuft nach dem prozessualen Rahmen der Verordnung 1/2003. In diesem Stadium hat die Kommission eine vorläufige Einschätzung abgegeben. SAP hat nun die Möglichkeit, Verpflichtungszusagen nach Artikel 9 der Verordnung 1/2003 anzubieten, um die Bedenken der Kommission auszuräumen. Werden diese nach einem öffentlichen „Markttest“ als zufriedenstellend angesehen, können sie rechtsverbindlich gemacht werden. Andernfalls kann das Verfahren in eine formelle Feststellung eines Verstoßes münden, die zu einer Geldbuße von bis zu 10 % des weltweiten Umsatzes von SAP führen könnte.

Breitere Vollzugstrends

Der Fall fügt sich in ein breiteres Muster der Kommissionsdurchsetzung im Technologie- und Digitalbereich ein. Regulierungsbehörden konzentrieren sich zunehmend auf sogenannte Aftermarkets, also Situationen, in denen Kunden ein Primärprodukt erwerben, anschließend aber durch eingeschränkte Wahlmöglichkeiten oder Lock-in-Effekte bei ergänzenden Dienstleistungen benachteiligt werden. Die Sorge ist, dass marktbeherrschende Unternehmen ihre Kontrolle über den Primärmarkt (hier die ERP-Software von SAP) nutzen können, um den Wettbewerb im Sekundärmarkt (Wartung und Support) einzuschränken.

Der Ansatz der Kommission entspricht ihrer Betonung von Kundenwahlfreiheit und der Senkung von Wechselkosten in digitalen und Unternehmenssoftware-Märkten. Er spiegelt einen politischen Trend wider, der darauf abzielt, Barrieren zu beseitigen, die Unternehmen daran hindern, auf wettbewerbsfähige Alternativen zuzugreifen.

Mögliche nächste Schritte

Angesichts des Verfahrens sind mehrere Szenarien denkbar:

  • Verpflichtungszusagen: SAP könnte anbieten, seine Wartungspolitik anzupassen, z. B. durch mehr Flexibilität beim Vertragsumfang und bei Kündigungen oder durch erleichterte Bedingungen für Drittanbieter-Support. Werden diese nach einem Markttest akzeptiert, würde der Fall ohne eine förmliche Feststellung eines Verstoßes abgeschlossen.

  • Keine Einigung: Werden keine Zusagen angeboten oder gelten sie als unzureichend, könnte die Kommission zu einer vollständigen Feststellung eines Verstoßes übergehen, was zu einer erheblichen Geldbuße führen könnte.

Aus praktischer Sicht ist der Weg über Verpflichtungszusagen oft schneller und ermöglicht es sowohl der Kommission als auch dem Unternehmen, die Bedenken ohne langwierige Gerichtsverfahren auszuräumen. Allerdings hat die Kommission in den vergangenen Jahren auch gezeigt, dass sie bereit ist, Verstöße festzustellen, wenn sie Verpflichtungen für unzureichend hält.

Fazit

Für Unternehmensleiter ist die zentrale Erkenntnis, dass die EU-Wettbewerbsdurchsetzung Praktiken weiterhin genau unter die Lupe nimmt, die Kunden in das Ökosystem eines einzigen Anbieters einschließen. Der Fall SAP zeigt die Entschlossenheit der Kommission, den Wettbewerb in Aftermarkets zu sichern – insbesondere in so kritischen Bereichen wie Unternehmens-IT-Systemen. Unternehmen sollten beachten, dass selbst langjährige Vertragspraktiken infrage gestellt werden können, wenn sie die Wahlmöglichkeiten der Kunden einschränken oder Wettbewerber ausschließen.

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