Die Entschlüsselung der EU Verordnung über künstliche Intelligenz Teil 2 – Eine vertiefte Analyse von Artikel 2

This entry is part 2 of 2 in the series Decoding the EU AI Act

Die Verordnung über künstliche Intelligenz (KI-Verordnung), die im Jahr 2024 als Verordnung (EU) 2024/1689 formell angenommen wurde, stellt einen Meilenstein im europäischen Rechtsrahmen dar. Sie zielt darauf ab, die Entwicklung, das Inverkehrbringen und die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in der Europäischen Union zu regulieren. Zentral für das Verständnis der KI-Verordnung ist Artikel 2, der den räumlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung festlegt. Diese Vorschrift spielt eine entscheidende Rolle bei der Klärung, für wen und was die Verordnung gilt – und ebenso wichtig: was nicht unter ihren Anwendungsbereich fällt.

Räumlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Artikel 2 Absatz 1 legt einen weitreichenden räumlichen Anwendungsbereich fest, indem er die Verordnung anwendbar macht auf:

  • Anbieter, die KI-Systeme in der Union in den Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb der EU ansässig sind.
  • Verwender (Deployers) von KI-Systemen.
  • Anbieter oder Verwender von KI-Systemen oder allgemeinen KI-Modellen (General Purpose AI, GPAI) mit Sitz in einem Drittstaat, wenn die Ergebnisse des Systems in der Union verwendet werden.
  • Hersteller von Produkten, die ein KI-System als Bestandteil enthalten.
  • Personen, die sich in der Union befinden und von einem KI-System betroffen sind.

Diese extraterritoriale Wirkung entspricht anderen jüngeren EU-Digitalvorschriften wie der DSGVO und dem Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) und spiegelt die Strategie der EU wider, ihre regulatorischen Standards weltweit zu projizieren.

Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung umfasst KI-Systeme sowie allgemeine KI-Modelle, wobei sich die jeweiligen Verpflichtungen am Risikoniveau orientieren. Artikel 2 bestätigt, dass die Verordnung sowohl für eigenständige KI-Systeme als auch für solche gilt, die in andere Produkte oder Dienstleistungen integriert sind.

Wesentliche Ausnahmen

Ebenso bedeutsam sind die in Artikel 2 Absätze 3 -12 festgelegten Ausnahmen. Die KI-Verordnung gilt unter anderem nicht für:

  • KI-Systeme, die ausschließlich zu militärischen Zwecken oder zur Wahrung der nationalen Sicherheit verwendet werden.
  • KI-Systeme, die von Behörden eines Drittstaats ausschließlich zu Zwecken der Strafverfolgung oder nationalen Sicherheit eingesetzt werden, sofern diese Tätigkeiten nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen.
  • KI-Systeme, die ausschließlich für wissenschaftliche Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten entwickelt wurden.
  • Private, nicht gewerbliche Nutzung von KI-Systemen.

Diese Ausnahmen zielen darauf ab, die Kompetenzgrenzen der Union zu wahren und den sensiblen Charakter bestimmter Bereiche – insbesondere der Verteidigungs- und Außenpolitik – zu berücksichtigen.

Auswirkungen auf Unternehmen und Entwickler

Ein Verständnis von Artikel 2 ist entscheidend, um festzustellen, ob ein konkreter KI-Anwendungsfall unter die KI-Verordnung fällt. Selbst Anbieter mit Sitz außerhalb der EU müssen prüfen, ob ihre Systeme EU-Nutzern zugänglich sind oder in der Union verwendet werden.

Für Unternehmen, die allgemeine KI-Modelle entwickeln, bringt die Verordnung neue Verantwortlichkeiten, einschließlich Anforderungen an Dokumentation, Transparenz und Risikomanagement, selbst wenn das Modell nicht für einen bestimmten Anwendungszweck konzipiert wurde.

Anbieter von KI-Systemen von außerhalb der EU

Anbieter von Hochrisiko-KI-Systemen oder allgemeinen KI-Modellen, die keine Niederlassung innerhalb der EU haben, sind verpflichtet, einen „Bevollmächtigten“ innerhalb der Europäischen Union zu benennen.

Fazit

Artikel 2 der KI-Verordnung bildet die Grundlage für das gesamte Regelwerk. Er gewährleistet einen weiten Anwendungsbereich, während er gleichzeitig durch gezielte Ausnahmen die institutionellen Zuständigkeiten und die staatliche Souveränität wahrt. Entwickler, Bereitsteller und Verwender von KI – innerhalb wie außerhalb der EU – müssen ihre Verpflichtungen gemäß dieser Vorschrift sorgfältig prüfen, um Rechtskonformität sicherzustellen und rechtliche Risiken zu minimieren.

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