Derzeit gibt es zwei Gerichtsverfahren zwischen Getty Images und Stability AI. Eines in den Vereinigten Staaten: Getty Images (US), Inc. v. Stability AI, Ltd. (3:25-cv-06891) vor dem District Court, N.D. California, und ein weiteres im Vereinigten Königreich: Getty Images v. Stability AI ([2025] EWHC 2863), über das wir Anfang 2025 berichtet haben. Im Zentrum der Streitigkeiten steht die Nutzung von nicht lizenzierten Getty-Bildern durch Stability AI zur Schulung ihrer Diffusions-KI-Modelle. Getty Images verklagte Stability AI mit der Behauptung, dass Stable Diffusion auf Millionen von Getty-Bildmaterialien trainiert wurde, die von Getty-Websites extrahiert wurden, und dass dadurch zahlreiche geistige Eigentumsrechte von Getty verletzt wurden.
Das High Court im Vereinigten Königreich fällte ein Urteil. Getty Images hatte eine umfassende Klage vorgebracht (primäre und sekundäre Urheberrechtsverletzung, Datenbankrechte, Markenverletzung und passing off), die sich aus der Nutzung großer, gescrapter Bilddatensätze zur Schulung von Stable Diffusion ergab. Im Laufe des Prozesses hatte Getty seine Klage erheblich eingeschränkt.
Was im UK-Urteil nicht entschieden wurde
Da das Training und die Entwicklung des KI-Modells nicht im Vereinigten Königreich stattfanden, zog Getty seine Klage wegen primärer Urheberrechtsverletzung im Vereinigten Königreich zurück, sodass dieser Aspekt derzeit nur vor dem US-Gericht anhängig ist. Obwohl der Verzicht auf diese Klage strategisch sinnvoll erscheint, ist es bedauerlich, dass es keine umfassendere UK-Rechtsprechung zu diesem Thema gibt.
Worum ging es im UK-Urteil?
Nach dem Rückzug der Ansprüche konzentrierte sich Getty auf Markenverletzung / passing off, die durch synthetische Bilder mit Getty-Wasserzeichen entstanden sein sollen, was gegen Abschnitt 10 des UK Trade Marks Act 1994 (TMA) verstoßen würde, sowie auf sekundäre Urheberrechtsverletzungen. Getty behauptete, dass Stable Diffusion selbst ein „Artikel“ sei, der gemäß Abschnitt 27 des UK Copyright, Designs and Patents Act 1988 (CDPA) eine verletzende Kopie darstelle, und dass der Import des KI-Modells ins Vereinigte Königreich somit einen Verstoß gegen die Abschnitte 22 und 23 CDPA darstelle, die solche Importe, Besitz und Verbreitung untersagen.
Die betroffenen Modelle umfassten v1.x (die frühen Open-Source-Checkpoints von CompVis/Hugging Face), v2.x und spätere SD XL / v1.6-Varianten. Die LAION-Datensätze waren zentral für das Training dieser Modelle. Stability räumte ein, dass einige Getty-Bilder in LAION-Subset-Datensätzen enthalten waren und dass die Modelle synthetische „wasserzeichenähnliche“ Ausgaben erzeugen können, argumentierte jedoch, dass daraus keine Haftung folge, da Modelle statistische Muster lernen, anstatt Bilddateien zu speichern, die Ausgaben stochastisch und größtenteils vom Nutzer erzeugt werden und das Training sowie Hosting überwiegend außerhalb des Vereinigten Königreichs stattfanden.
Technische und faktische Feststellungen des Gerichts
Das Gericht stützte sich auf Sachverständigengutachten, wie Diffusionsmodelle funktionieren, z. B. dass Modelle statistische Muster aus den Trainingsdaten lernen, einschließlich der Verteilung von Merkmalen und Korrelationen, und keine wörtlichen Kopien von Trainingsbildern in den Modellgewichten speichern.
Die Bildgenerierung (Inference) erfordert nicht den Trainingsdatensatz. Zwar kann Überanpassung / Memorierung in engen Fällen nahezu identische Reproduktionen erzeugen, aber die Experten stellten fest, dass bei großen modernen Modellen, die auf Milliarden von Beispielen trainiert wurden, das Modell Muster speichert, nicht Bilder, und Ausgaben durch Sampling aus einer gelernten Verteilung erzeugt werden. Aufgrund der stochastischen Natur der Ausgaben können Wasserzeichen verzerrt, teilweise oder erkennbar erscheinen, und die Haftung hängt davon ab, wie klar und erkennbar das synthetische Wasserzeichen tatsächlich ist.
Die Markenverletzungsklagen
Das Gericht führte die übliche Prüfung der Markenverletzung anhand der Verwechslungsgefahr durch, unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Verbrauchers und des Kontextes. Die wesentlichen praktischen Schlussfolgerungen:
-
-
Abschnitt 10(1) TMA (Markennutzung in Bezug auf Waren/Dienstleistungen): Getty hatte nur Erfolg bei ISTOCK-Wasserzeichen, die von v1.x über DreamStudio/Developer Platform erzeugt wurden (spezifische Bilder). Es gab keine Beweise, dass die Wort-/Logo-Marken von Getty Images in ausreichender Klarheit in einer realen Stichprobe reproduziert wurden.
-
Abschnitt 10(2) TMA (Nutzung im Handelsverkehr, wahrscheinlich Einfluss auf Herkunft): Getty hatte Erfolg bei iStock-Wasserzeichen von v1.x und bei einem Getty Images-Wasserzeichen von v2.x („First Japanese Temple Garden Image“). Die Feststellungen waren faktenspezifisch und auf diese Beispiele begrenzt.
-
Abschnitt 10(3) TMA (Schädigung des Unterscheidungsmerkmals / Trittbrettfahren): Getty scheiterte. Das Gericht stellte fest, dass keine Beweise dafür vorlagen, dass Stability vom Ruf Gettys profitieren wollte oder dass das Auftreten der Zeichen auf Ausgaben Goodwill auf Stability übertrug; Nutzer würden Wasserzeichen in der Regel verwerfen, und ab v2.x wurden Filter eingesetzt, um die Wasserzeichenerzeugung zu reduzieren.
-
Passing off: Der Richter lehnte eine umfassende Behandlung ab und stellte fest, dass die Passing-off-Klage weitgehend der Markenklage folgte.
-
Praktischer Hinweis: Die Erfolge bei Markenrechten sind eng begrenzt, zeigen aber, dass synthetische Ausgaben, die ein markantes Wasserzeichen oder Logo genau reproduzieren, Markenrechte verletzen können, selbst wenn sie von einem generativen Modell erzeugt werden. Dies stellt ein praktisches Compliance-Risiko für Modellanbieter und Serviceanbieter dar.
Die Klage wegen sekundärer Urheberrechtsverletzung
Getty argumentierte, dass Stable Diffusion ein „Artikel“ sei und damit eine „verletzende Kopie“ im Sinne von Abschnitt 27(3) CDPA darstelle, sodass Import und Verbreitung des Modells im Vereinigten Königreich eine sekundäre Urheberrechtsverletzung nach den Abschnitten 22–23 CDPA darstellen würden. Stability wandte zwei zentrale Argumente ein: Erstens solle „Artikel“ auf materielle Objekte beschränkt werden, zweitens könne das Modell keine „verletzende Kopie“ sein, da es keine Werke speichert und außerhalb des Vereinigten Königreichs trainiert wurde.
Das High Court stellte klar:
-
-
Das CDPA ist nach modernen Prinzipien auszulegen („always speaking“-Prinzip): Gesetze können moderne/immaterielle Technologien erfassen, sofern der Wortlaut oder Kontext keine starre Auslegung verlangt. Grundsätzlich kann „Artikel“ auch immaterielle Objekte umfassen.
-
Nach den Tatsachen war das Modell selbst keine „verletzende Kopie“. Die Beweise zeigten, dass Stable Diffusion Getty-Bilder nicht speichert und die Gewichte statistische Informationen enthalten. Das Modell lernt Muster, speichert oder reproduziert keine Kopien.
-
Die Gerichtsbarkeit spielt eine Rolle. Das Training fand außerhalb des Vereinigten Königreichs statt, was die sekundäre Urheberrechtsverletzung weiter schwächte.
-
Der Richter wies die Klage wegen sekundärer Urheberrechtsverletzung ab.
Bedeutung: Das Urteil reduziert das unmittelbare Risiko, dass die Verbreitung eines Modells automatisch als Verbreitung verletzender Kopien gilt, wenn das Modell keine wörtlichen Reproduktionen enthält.
Keine generelle Immunität: Das Gericht ließ offen, dass in anderen Sachverhalten andere Entscheidungen getroffen werden könnten, z. B. bei wörtlicher Memorierung und Reproduktion urheberrechtlich geschützter Werke oder Training im Vereinigten Königreich.
Lizenzfragen
Getty berief sich zudem auf zahlreiche Contributor- und Exklusivlizenzverträge und wollte die „Lizenzfrage“ klären, insbesondere, ob bestimmte Vereinbarungen exklusive Lizenzen nach Abschnitt 92 CDPA darstellen. Das Gericht prüfte beispielhafte Vereinbarungen und fragte, ob elektronische „I agree“- oder „I accept“-Klicks Unterschriften darstellen. Es wurde akzeptiert, dass elektronische Zustimmung nach 2012 als Unterschrift gelten kann, aber jeder Fall müsse einzeln geprüft werden.
Takeaway für Rechteinhaber und Plattformen: Lizenzbedingungen müssen eindeutig zu Exklusivität und Unterlizenzierung sein; elektronische Akzeptanzprozesse sollten klare Nachweise liefern (z. B. Zeitstempel, robuste UX), und Rechte für KI-Training müssen explizit geregelt sein.
Worum es im UK-Urteil nicht ging
Die Richterin Joanna Smith J lehnte es ab, umfassende Feststellungen über die Menge von Getty-Inhalten in LAION-Subsets oder die allgemeine Verbreitung von Wasserzeichen in Ausgaben zu treffen. Das Gericht traf enge, faktenspezifische Entscheidungen und keine allgemeinen doktrinären Aussagen.
Fazit: Das UK-Urteil ist ein wichtiger Datenpunkt, aber keine generelle Erlaubnis, große Modelle unabhängig von IP zu bauen oder zu trainieren.
Zukünftige Streitpunkte
-
-
Memorierung/Überanpassung, die urheberrechtlich geschützte Werke wörtlich reproduziert
-
Territorial sensible Trainingsaktivitäten
-
Derivative Nutzungen (z. B. Datensätze, die urheberrechtlich geschützte Werke kombinieren und sehr genaue Approximationen erzeugen)
-
Vertragliche/Lizenzansprüche mit klarer Dokumentation
-
Was passierte zwischenzeitlich im US-Verfahren?
Öffentliche US-Gerichtsunterlagen deuten darauf hin, dass die Parteien derzeit ein alternatives Streitbeilegungsverfahren (ADR) nutzen.
Fazit
Die Frage der KI-Modell-Trainingsdaten hängt stark von Details, Fakten und Rechtsordnung ab. EU-Recht sieht Ausnahmen für Data Mining unter Vorbehalt der Rechte nach den Artikeln 3 und 4 der Richtlinie 2019 über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (CDSM) vor und die USA erlauben bestimmte Nutzungen unter der „fair use“-Doktrin. Es gibt keinen universellen Ansatz, sowohl Rechteinhaber als auch KI-Entwickler sollten rechtlichen Rat einholen, bevor sie vorgehen.


